Um Zions willen


Zum Konflikt im Nahen Osten

Arnd Kischkel, 24.01.04

In Israel ist die Regierung in unseren Tagen dabei, einen Sicherheitszaun entlang der Grenze zu den Palästinensern aufzurichten und viele in der westlichen Welt – so auch die EU – kritisieren dies heftig. Die Selbstmordattentate und die heftigen Vergeltungsschläge der Israelis haben das Land in einen Zustand größter Anspannung versetzt und beide Regierungen stehen von vielen Seiten unter Erwartungsdruck.

Die Aufgabe, sich in einem so kleinen Land wie Israel gegen eine Reihe politisch verbündeter arabischer Nachbarstaaten zu behaupten, wird dabei aus meiner Sicht von vielen unterschätzt. Schon David Ben Gurion, der erste Ministerpräsident Israels z.B. trat für ein resolutes Vorgehen gegen terroristische Angriffe der damals attackierenden Fedajin ein und schloss sich in seiner Verteidigungsstrategie Frankreich an. Schließlich war es der Sinai-Feldzug von 1956, der Terrorangriffe auf die Siedlungen im Süden beendete.

Angenommen, man würde sich einmal vorstellen, dass in einigen Jahren eine neue israelische Regierung den Forderungen der Palästinenser weitgehend nachgeben würde. Ost-Jerusalem wäre dann die Hauptstadt des palästinensischen Volkes und der Tempelberg sein religiöses Zentrum. Viele Araber würden sich, aus den Flüchtlingsgebieten kommend, dort niederlassen

Das Westjordanland, das Israel bei der Staatsgründung von der UNO 1947 zugesprochen wurde, wäre dann endgültig palästinensisches Staatsgebiet. Im 1. Nahostkrieg, 1949, war es schon von Jordanien besetzt worden. Seit der Rückeroberung im Jom-Kippur-Krieg wurde es dann wieder von Israel besetzt und machte schließlich den Großteil des palästinensischen Autonomiegebietes aus.

Die Palästinenser würden dann das religiöse Zentrum des Landes in Jerusalem und das biblische Kernland in Judäa und Samarien unter ihre Hoheit bekommen. Würde dies dann einen dauerhaften Frieden für den Nahen Osten bedeuten? Und wäre dies mit Gottes Heilsplan für Israel und die Nationen vereinbar?

Jeder Christ weiß, dass unser Platz auf der Erde nicht unsere eigentliche Heimat ist, sondern nur ein Abbild unserer himmlischen Heimat. Dieser Platz, wo wir endgültig zu Hause sind, ist das „himmlische Jerusalem“, das Paulus im Hebräerbrief (12,22) und Johannes in der Offenbarung (3.12. und 21. Kap.) beschreiben. Das Zentrum von Gottes Sein, wo wir als Geschöpfe ausgegangen sind und unsere Urheimat haben und wohin der verlorene Sohn wieder zurückkehren darf und wird, wo alles Suchen, alles Wandern, alles Kämpfen und alles Misslingen aufhört.

Kanaan oder Israel und seine Hauptstadt Jerusalem, von wo aus das den Juden geschenkte Land regiert wird sind somit der geistliche Mittelpunkt unserer Erde, das irdische Abbild dieses himmlischen Platzes (Hebr. 12,22). So sollte jeder Mensch auf dieser Erde eigentlich in einem doppelten Heimatbewusstsein leben, in der Spannung: Einerseits im Wissen um den irdischen Platz, den der Schöpfer jedem von uns gegeben hat, wo wir unser Leben entfalten, zum anderen aber in dem unverrückbaren inneren Wissen um einen himmlischen „Platz“, um eine geistige Heimat, die uns irgendwann aufnehmen wird. „Denn wir haben hier keine bleibende Statt, die Zukünftige suchen wir“, sagt Paulus (Hebr.13,14).

Diese zwei Richtungen unseres „inneren Heimatgefühls“ sind abbildhaft und symbolisch ebenfalls in dem Geschenk des Landes Kanaan an die Nachkommen Abrahams, die Israeliten, enthalten. Als das Land, wo „Milch und Honig fließen“, wird es bei Mose und den Propheten bezeichnet. (2. Mose 3,17; Jer. 32,22; Hes.20,6)

Milch und Honig stehen dabei als Symbol für Gottes Liebe und für die aus der Liebe erwachsende Erkenntnis Gottes. Milch ist ein Symbol für die neue erste Liebe. Im Hohelied Salomos (4,11) wird die Braut mit den Worten gepriesen: „Wieviel köstlicher ist deine Liebe als Wein...Honig und Milch ist unter Deiner Zunge und der Duft Deiner Gewänder gleicht dem Duft des Libanon.“

In der Offenbarung, Kap. 10, reicht ein Engel dem Seher ein kleines Buch und sagt zu ihm: Nimm und iss es auf! Und es wird deinen Bauch bitter machen, aber in Deinem Mund wird es süß sein wie Honig“...

Hier steht „Honig“ also für die Erkenntnis und Weisheit, mit der Johannes als Seher von Gottes Engel ausgerüstet wird für seinen prophetischen Dienst.

Gottes Worte: „Ich will Dich führen in ein Land, wo Milch und Honig fließen“, heißen also, in unsere Sprache übersetzt: „Ich will dich erfüllen mit der Liebe zu mir, Deinem Gott, und mit der Erkenntnis und aller Weisheit aus mir.“

So ist in der Landverheißung an das jüdische Volk auch für uns bildhaft die Verheißung mitenthalten: Gott wird uns – wenn wir Seinem Weg folgen – in seine Vollkommenheit emporheben.

In Jeremia 18,1-8 lesen wir dazu: „Dies ist das Wort, das geschah vom Herrn zu Jeremia: Mach dich auf und geh hinab in des Töpfers Haus; dort will ich dich meine Worte hören lassen. Und ich ging hinab in des Töpfers Haus, und siehe, er arbeitete eben auf der Scheibe. Und der Topf, den er aus dem Ton machte, missriet ihm unter den Händen. Da machte er einen andern Topf daraus, wie es ihm gefiel.

Da geschah des Herrn Wort zu mir: Kann ich nicht ebenso mit euch umgehen, ihr vom Hause Israel, wie dieser Töpfer? spricht der Herr. Siehe, wie der Ton in des Töpfers Hand, so seid auch ihr vom Hause Israel in meiner Hand. Bald rede ich über ein Volk und Königreich, dass ich es ausreißen, einreißen und zerstören will; wenn es sich aber bekehrt von seiner Bosheit, gegen die ich rede, so reut mich auch das Unheil, das ich ihm gedachte zu tun.“

Gott hat Israel auf der Töpferscheibe und er formt es so, dass sich die anderen Völker darin wiedererkennen und -entdecken können. Wenn das Volk ungehorsam ist, dann kann Gott die Gestalt des Tons verwerfen und etwas Neues formen. Aber immer wird der Ton in Gottes Hand bleiben. So hat auch Israel im Grunde keine Wahl, wenn es sich um einen Friedensprozess mit seinen Nachbarn bemüht. Es bleibt auf die Form angewiesen, die in Gottes Wort steht (Jesaja 62):

„Um Zions willen will ich nicht schweigen, und um Jerusalems willen will ich nicht innehalten, bis seine Gerechtigkeit aufgehe wie ein Glanz und sein Heil brenne wie eine Fackel, dass die Heiden sehen deine Gerechtigkeit und alle Könige deine Herrlichkeit. Und du sollst mit einem neuen Namen genannt werden, welchen des Herrn Mund nennen wird. Und du wirst sein eine schöne Krone in der Hand des Herrn und ein königlicher Reif in der Hand deines Gottes.

Man soll dich nicht mehr nennen „Verlassene“ und dein Land nicht mehr „Einsame“, sondern du sollst heißen „Meine Lust“ und dein Land „Liebes Weib“; denn der Herr hat Lust an dir, und dein Land hat einen lieben Mann. Denn wie ein junger Mann eine Jungfrau freit, so wird dich dein Erbauer freien, und wie sich ein Bräutigam freut über die Braut, so wird sich dein Gott über dich freuen.

O Jerusalem, ich habe Wächter über deine Mauern bestellt, die den ganzen Tag und die ganze Nacht nicht mehr schweigen sollen. Die ihr den Herrn erinnern sollt, ohne euch Ruhe zu gönnen, lasst ihm keine Ruhe, bis er Jerusalem wieder aufrichte und es setze zum Lobpreis auf Erden! Der Herr hat geschworen bei seiner Rechten und bei seinem starken Arm: Ich will dein Getreide nicht mehr deinen Feinden zu essen geben noch deinen Wein, mit dem du soviel Arbeit hattest, die Fremden trinken lassen, sondern die es einsammeln, sollen's auch essen und den Herrn rühmen, und die ihn einbringen, sollen ihn trinken in den Vorhöfen meines Heiligtums.

Gehet ein, gehet ein durch die Tore! Bereitet dem Volk den Weg! Machet Bahn, machet Bahn, räumt die Steine hinweg! Richtet ein Zeichen auf für die Völker! Siehe, der Herr lässt es hören bis an die Enden der Erde: Saget der Tochter Zion: Siehe, dein Heil kommt! Siehe, was er gewann, ist bei ihm, und was er sich erwarb, geht vor ihm her! Man wird sie nennen „Heiliges Volk“, „Erlöste des Herrn“, und dich wird man nennen „Gesuchte“ und „Nicht mehr verlassene Stadt.“